6. Oktober 2010

Fünf Monate ist es fast her, dass ich zuletzt was geschrieben habe. Anfangs gab es auch nicht wirklich was zu berichten, am Ende überschlugen sich die Ereignisse geradezu. Wo fang ich nur an?

Also die letzte OP bei mir brachte vollen Erfolg. Zwar zwickts hier und da noch, aber das ist normal. Ich schiebe das einfach auf den Wetterumschwung. Mein Mann geht mittlerweile auch wieder arbeiten - allerdings erst seit Juli. Vier Monate war er krank geschrieben und sein Arzt meinte, dass er es mit der Arbeit probieren solle. Schmerzen hat er nach wie vor bisschen, aber sein Arzt meinte, dass das an dem ganzen Metall läge, was er im Arm hat. Würde ja bedeuten, dass die Schmerze dann im Februar, wo das Metall raus soll, weggehen. Hoffen wir mal. Er kriegt mittlerweile keine Physiotherapie mehr, was er sehr bedauert. So kam er mal für ne Stunde von Arbeit weg und sein Therapeut ist wohl ne sexy Sau ;)
Apropos Arbeit: Ein paar Tage, bevor er wieder Arbeiten ging, erfuhr er, dass er versetzt wird. Seine Niederlassung in Brandenburg wurde ja geschlossen und sie hatten ihn vorsorglich gekündigt, ihm aber auch gesagt, dass sie sich nur äußerst ungerne von ihm trennen würden. Und da es für seinen Bereich keine andere freie Stelle gab, haben sie ihm eine andere Positin vorgeschlagen. Er ist jetzt nicht mehr Niederlassungsleiter, sondern eine Stufe schlechter bei gleichem Gehalt. Gelockt hatten sie ihm allerdings damit, dass er ab Frühjahr 2011 den Posten des stellvertretenden Abteilungsleiters bekäme, da der Kollege, der diese Position derzeit begleitet, in Ruhestand geht- jetzt wo er da allerdings arbeitet, stellte er fest, dass es keinen stellvertretenden Abteilungsleiter gibt. Aber ihm macht die Arbeit spaß, das ist wichtig.

Allerdings hat die ganze Sache einen bitteren Nachgeschmack: Wir müssen umziehen. Da mein Mann nach Essen versetzt wurde, müssen wir also in die Umgebung ziehen. In Essen selbst haben wir ebenfalls nach Wohnungen geschaut, aber das, was wir gesehen haben, war sehr mistig. Zu Köln hätte ich sofort 'ja' gesagt, weil es ähnlich wie Berlin ist: Groß, dreckig, unübersichtlich - aber mit allem, was man braucht in der Nähe. Jedenfalls hatte mein Mann an dem Tag, wo er erfahren hatte, dass wir umziehen müssen, sofort nach Arbeit für mich geguckt und auch schon nach einer Wohnung. Ich meine, seine Freude kann ich ja verstehen, endlich wieder zurück in die alte Heimat, aber ich musste das noch verdauen. Er weiß, dass mir der Wegzug aus Berlin schwer fällt. Ich habe hier meine Wurzeln, meine Freunde und vor allem auch meine Eltern. Und bei letzteren habe ich echt das Gefühl, ich würde sie im Stich lassen. Sie sind ja immer mal wieder auf unsere Hilfe angewiesen, ich meine, Papa hat Diabetes, ist Herzkrank und hat ein steifes Bein, Mama darf nichts schweres heben. Sie brauchten uns nicht oft, aber wenn, dann waren wir da. Das geht zukünftig nicht mehr. Zwar haben Freunde von Mama und Papa gesagt, dass sie immer für sie da sind, wenn was ist. Aber ich kenne meine Eltern, sie würden alles eher alleine machen, als Freunde zu fragen.
Genau das sind so Gedanken, die mir durch den Kopf geschossen sind. Und mein Mann gab mir nicht mal die Chance, das alles zu verkraften. Klar, in den letzten Jahren hieß es immer mal wieder, dass wir wegziehen müssen, aber wenn es dann doch passiert ist es schon ein kleiner Schock. Und er schaut schon nach Arbeit für mich. Wir hatten ja nichtmal eine Ahnung davon, wann wir umziehen, geschweige eine Wohnung (wie auch, wenn er das alles noch am gleichen Tag nachguckte?).

Das war im Juli. Zwischenzeitlich haben wir exakt 20 Wohnungen besichtigt, hatten eine Maklerin, die leider auch nichts passendes für uns hatte und ich stolperte dann per Zufall über fünf Wohnungen, die zumindest im Internet gut aussahen. Also bin ich das dritte Mal runter nach NRW und wir haben an einem Samstag die Wohnungen angesehen. Und da war sie dann. Ein absoluter Traum. 125 qm Maisonette, zwei komplette Badezimmer und nen nicht ausgebauter Dachstuhl. Ich stand nur im Entrée und wollte direkt den Mietvertrag unterschreiben. Wir reichten also alle notwendigen Unterlagen ein und... ... ... wir bekamen die Wohnung. Die Freude war groß, weil die echt ein absoluter Traum ist. Die ist in einem Reihenhäuschen, was ein wenig größer ist als ein "Standart" Reihenhaus. Das Haus wurde damals vom Besitzer selbst gebaut, aber er und seine Frau zogen dann in ein anderes Haus und seine Kinder (für die das Haus wohl gedacht war) wollten es nicht haben. Also baute er es zu zwei Wohnungen aus und vermietet es seitdem. Neben uns wohnt also nur noch eine weitere Mietpartei im Haus. Die Gegend heißt Datteln, hat gerademal irgendwas über 23.000 Einwohner. Das wird ein absoluter Kulturschock für mich, immerhin hat Berlin 3,3 Millionen Einwohner... Aber ich versuche optimistisch zu bleiben. Die Wohnung ist schön, die Gegend, soweit wir sehen konnten, auch. Außerdem habe ich über Freunde erfahren, dass man in NRW relativ schnell Arbeit findet, also versuche ich wirklich positiv zu denken. Ich bin gewillt, nicht wieder in einem CallCenter zu arbeiten - stellt sich als Herausforderung dar, da es glaube ich in keinem anderen Bundesland soviele CallCentren gibt, wie in NRW... Am 10. November 2010 ziehen wir also in Berlin aus und am 11. November in Datteln ein. Den Umzug übernimmt die Firma von meinem Mann, somit haben wir keinerlei Kosten, was auch gut ist, immerhin sparen wir somit durchschnittlich 3.000 Euro. Aber wozu arbeitet er in der Umzugsabteilung seiner Firma, wenn wir daraus keinen Nutzen hätten?

Für meine Eltern ist das natürlich auch nicht sonderlich erfreulich. Abgesehen von dem Faktor, dass sie gelegentlich Hilfe brauchen. Vor Jahrzehnten zog meine Schwester zurück in ihre Heimat nach NRW, vor Jahren mein Bruder in die Nähe von Hamburg und nun zieh auch ich weg. Und Eltern sind immer gerne da, wo zumindest ein Kind ist. Und jetzt ist keins mehr da. Jetzt überlegen sie selbst, ob sie in Berlin bleiben sollen, oder zu meinem Bruder ziehen sollten, oder nach NRW - was ja auch das Geburtsbundesland meiner Eltern ist. Ich würde mich natürlich freuen, wenn sie uns nachziehen würden. Ich bin ein Mamakind, und wo Mama ist, da fühl ich mich wohl. Aber ich habe meinen Eltern gesagt, dass sie sich den Umzug sehr gut überlegen sollen. Sie sind beide nicht mehr die Jüngsten. Immerhin wurde mein Paps dieses Jahr 72 und meine Mams 61. Sie müssten noch einmal komplett neu anfangen. Sich neue Ärzte suchen - und sie haben in Berlin super Ärzte, sich neue Freunde suchen, sich komplett an eine neue Gegend gewöhnen. Das ist für mich mit meinen 31 Jahren schon nicht leicht, aber ein Neuanfang ist für ältere Menschen immer schwerer.

Und jetzt hat mein Bruder uns eröffnet, dass er und seine Frau im Januar 2011 Eltern eines Mädchens werden. Hey, ich habe mich echt gefreut, konnte aber meine Freude nicht wirklich zum Ausdruck bringen. Zum einen lag es daran, dass mein Bruder und seine Frau zu einem Treffen, was sie mit mir haben wollten, noch zwei Freunde mitgebracht haben und mir diese Neuigkeit dann mit denen zusammen erzählte. Ich war etwas zurückhaltend mit meiner Euphorie, bin ich gegenüber Menschen, die ich kaum kenne, immer. Aber ich habe mich wirklich gefreut. Weiß nicht, ob die beiden mir das glauben. Zum anderen war ich enttäuscht darüber, dass wir es erst dann erfahren, wenn sie im sechsten Monat ist. Sie wollten es uns persönlich sagen - okay, verstehe ich. Aber ich weiß, dass sie öfter in Berlin sind, als sie sich bei Mama und Papa melden. Also hätten sie es auch dann schon sagen können. Gut, sie wollten die ersten drei Monate abwarten, verstehe ich auch alles, weil in diesen Monaten kann sovieles noch schiefgehen. Dennoch. Irgendwie fand ich die Situation nicht so angemessen. Mein Bruder legte mir ein Blatt Papier hin, mit den Worten "wir haben dir was mitgebracht". Ich mein, ich konnte mir schon denken, was los war, weil die beiden melden sich bei mir so ziemlich nie, wenn sie in Berlin sind und diesmal bestand er darauf, dass wir uns treffen. Ich bin zwar blond, aber nicht so blöd wie mich manche Menschen hinstellen.

Egal, Schwamm drüber. Ich freue mich für die beiden wirklich und wünsche nur das beste... Ich werde Onkel :)

Jetzt allerdings beginnt es für meine Eltern wirklich schwer zu werden, da mein Bruder und meine Schwägerin meinen Eltern fast schon die Pistole auf die Brust setzen. Frei nach dem Motto: Wenn ihr euer Enkelkind zukünftig öfter sehen wollt, müsstet ihr schon in unserer Gegend wohnen. Wir werden nicht alle zweieinhalb Monate nach Berlin kommen, nur damit ihr eure Enkeltochter sehen könnt.
Das ist arg unter Druck setzen. Davon abgesehen haben meine Eltern nie erwartet, dass sie ihre Enkeltochter so oft zu Gesicht kriegen, wenngleich das natürlich schön wäre, wenn sich die Familie öfter trifft. Allerdings kenn ich meinen Bruder gut genug um zu wissen, dass er eine ganz andere Aussage treffen möchte: Ihr habt René immer bevorzugt behandelt, jetzt bin ich mal dran.
Und ich verstehe ihn. Allerdings haben Mama und Papa immer versucht, uns gleichgerecht zu behandeln. Dass das Nesthäkchen immer ein wenig verwöhnter und bevorzugter behandelt wird, traf ihn sehr. Aber das ist nicht nur bei uns so, das ist bei sehr vielen Familien so. Das richtete sich ja nicht gegen ihn. Und man darf auch nicht vergessen, dass er auch schon zweimal meinen Eltern gegenüber Scheiße gebaut hatte, wo andere Familien den Kontakt schon abgebrochen hätten. Das wohl schlimmste - in meinen Augen - war ein Brief, den er zum 60. Geburtstag meines Papas geschickt hatte. Der Brief kam in der Tat genau am Geburtstag an. Es war keine Gratulation, sondern Vorwürfe für sein verkorkstes Leben. Sie hätten Schuld daran, dass es ihm schlecht ginge und er in Therapie ist etc. Ich habe den Brief gelesen und ich hätte ihm den Wisch am liebsten ins Gesicht geworfen mit den Worten, er solle endlich erwachsen werden. Zumal man Probleme immer persönlich bereden kann, aber dafür hat er den Arsch nichtin der Hose. Auch wenn das jetzt böse klingt, ich liebe meinen Bruder, auch wenn wir nur dreimal im Jahr was voneinander hören. Wir verstehen uns auch super, wenn wir uns treffen und alles. Aber die Aktion "Entweder ihr zieht nach Hamburg, oder ihr seht euer Enkelkind nicht sehr oft" haben die beiden echt den Vogel abgeschossen. Und ich mag sie beide.

Meine Eltern sind, was unseren wegzug angeht, stark. Das Thema wird zwar immer angekratzt, aber sobald es tiefer ins Detail geht, merke ich schon, dass es die beiden trifft. Kann ich verstehen, ginge mir nicht anders. Ich weiß auch, dass zum Abschied Tränen fließen werden - bei mir auf jeden Fall. Und die ersten Tage werde ich sicherlich wie ein kümmerliches Häufchen Elend rumgeistern. Hoffe nur, dass ich nicht in Depressionen verfalle - litt schon immer an Heimweh. Hoffe auch, dass mein Mann zu dem Zeitpunkt verständnis für mich hat. Aber wie ich kenne, hat er das.

Ganz witzig: Im Juli habe ich dem Arbeitsamt mitgeteilt, dass wir im Herbst nach NRW ziehen. Und was passierte? Prompt kriege ich Arbeitsvermittlungsvorschläge für ... Berlin ... zugeschickt. Ich dachte die wollen mich verarschen. Habe denen per Post geantwortet, dass ich bald wegziehe und mich aus diesem Grund nicht mehr in Berlin bewerben werde. Mit dem Ergebnis, dass ich eine Woche später weitere zwei Vorschläge bekam. Da habe ich die gleiche Antwort dann per Fax hingeschickt. Und als ich dann eine Woche Urlaub brauchte, damit wir Wohnungen angucken konnten, hätte ich den beinahe nicht bekommen, weil noch offene Arbeitsvermittlungsvorschläge wären. Meine Antworten haben die scheinbar nie bekommen. Ich dachte echt die wollen mich verarschen. Letzten Endes bekam ich die Antwort nur, weil das Amt davon ausging, dass ich mich beworben habe. Hallo? Ich habe den Urlaub mit der Begründung, dass ich Wohnungen besichtigen muss eingereicht... Aber so ist das Arbeitsamt halt. Keine Ahnung was die gegen mich haben. Ich bin auch ehrlich, ich habe mir jetzt keinerlei Adressen aus den Fingern gezaubert, wo ich mich beworben habe oder so. Ich hoffe einfach, dass die mich verstehen können, warum ich mich nicht bewarb. Beim Arbeitsamt in Datteln bin ich dann ab 1. Dezember gemeldet. Das ist gut, somit kann ich die Tage nach dem Umzug mit auspacken füllen und muss mich nicht um Bewerbungen und so nen Kram kümmern. Und ab 1. Dezember 2010 suche ich dann nach Arbeit. Ich hoffe allerdings, dass ich erst im Januar was kriege, da meine Eltern zu Weihnachten nach Datteln kommen und sich unsere Wohnung ansehen wollen. Dann haben wir nach acht Jahren Beziehung das erste Weihnachtsfest mit meinen Eltern und den Eltern von meinem Mann, sowie Schwiegeroma. Wird hoffentlich schön.

Letzten Freitag musste ich als Zeuge vor Gericht aussagen. Wir haben ja den Schneedienst angezeigt, weil vor dem Haus nur spärlich gestreut wurde. Ich war total nervös. Bislang stand ich nur als Beklagter vor Gericht und jetzt als Zeuge. Ich meine, ich sagte die Wahrheit, so ist das nicht, aber man macht sich ja immer auf alles mögliche gefasst. Ich bin sämtliche Fragen, die der gegnerische Anwalt stellen könnte, in meinen Gedanken durchgegangen, damit ich vorbereitet bin. Und was war? Nachdem ich erzählte, wie der morgen ablief, stellte unser Anwalt noch drei Fragen und das wars. Der gegnerische Anwalt wollte nichts wissen. Ich war froh, als ich nach fast 30 Minuten draußen war. Unser Anwalt rechnet uns zwar große Chancen zu, aber ich bin dabei vollkommen gefühllos. Abwarten. Am 5. November wird dann unser Hausmeister befragt, der gegen uns aussagt. Laut seiner Aussage soll es nicht glatt gewesen sein. Mal davon abgesehen, dass er nicht groß vor sieben Uhr beginnt und mein Mann sich vor sieben Uhr hinlegte. Mal sehen, wie es weitergeht.

Seit zwei Wochen sitze ich hier mit Kartons. Mein Hase hat ja Umzugskartons mitgebracht und an mir liegts nun, diese zu füllen. Das Wohnzimmer ist zu 98 Prozent leergeräumt und auch das Arbeitszimmer ist locker zu 90 Prozent in Kartons verstaut. Die Kammer zu 95 Prozent. Alles, was in den drei Bereichen noch nicht verpackt ist, wird noch irgendwie benötigt, oder ist einfach zu groß für Kartons. In der Küche stapeln sich mittlerweile die vollen Kartons. Sieht nicht mehr schick aus, aber anders gehts nicht. Hätten wir Sommer, könnte ich sie wenigstens auf dem Balkon stapeln, aber jetzt ist es kalt und eucht, da geht das nicht. Der letzte große Bereich, den wir haben, ist der Keller. Freude. Ich hasse Kellerräume. Aber muss ich durch.

Mit Pepe war ich letzte Woche Donnerstag beim Tierarzt. Er hat ein Geschwulst auf seinem rechten Flügel. Ich hatte ja schon letztes Jahr vermutet, dass er nen Flügelbruch hatte, aber der Tierarzt in der Tierklinik, wo ich damals war, hat gesagt, dass da kein Flügelbruch vorliegen würde. Und jetzt dachte ich mir, dass das Geschwulst vielleicht von einem nicht verheilten Bruch her stammen könnte, dass sich da irgendwie Flüssigkeit gesammelt hat oder so. Aber das Ergebnis sieht anders aus... Pepe hat auf dem rechten Flügel einen Tumor. Das war echt erstmal ein Schock. Der Arzt sagte aber, dass der Vogel damit noch lange leben kann. Er scheint keine Schmerzen zu haben und ist auch noch relativ jung. Nur wenn der Tumor wächst oder blutet soll ich nochmal hin, dann wird über weitere Maßnahmen gesprochen. Er deutete eine Schmerztherapie an, sollte der Vogel Schmerzen haben, aber das ist ja für Menschen schon mehr als unangenehm und das würde ich dem kleinen Pepe nicht antun wollen...

Tiere ist aber ein gutes Stichwort: Meine Eltern mussten vor drei Wochen Bambi einschläfern lassen. Der Kater wurde 17 Jahre alt - ein stolzes Alter für eine europäische Hauskatze. Aber es ging leider nicht mehr. Der Tag war echt extrem hart für mich und vor allem für meine Eltern. Sie wollten dann auch vor 2011 keine neue Katze haben. Was soll ich sagen? Seit anderthalb Wochen haben sie nun wieder zwei kleine Kätzchen. Eigentlich wollten sie eine andere haben, aber die kam mit Papas Gehstock nicht klar und die beiden kleinen Kätzchen waren sofort zutraulich. Ich hätte es schöner gefunden, wenn sie sich ne fünfjährige Katze aus dem Tierheim geholt hätten - die freuen sich über ein schönes zu Hause. Und mit fünf sind die teilweise schon schwer vermittelbar - leider.

Es ist sicherlich noch viel mehr passiert, aber irgendwie fällt mir das alles jetzt nicht ein... Beim nächsten Mal mehr :)

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16. Oktober 2010

Ich habe drei harte Tage hinter mir und bin jetzt auch noch leicht depressiv. Aber der Reihe nach: Am Donnerstag hatte ich um 17 Uhr einen Zahnarzttermin. Der mittlerweile vierte innerhalb von acht Wochen. Da war man ewig bei einer Zahnärztin um dann festzustellen, dass sie scheinbar nicht so gut war, wie man immer dachte. Bereits am 8. Oktober 2010 bekam ich eine Wurzelkanalbehandlung. Weil meine Wurzelkanäle aber richtig krass entzündet waren, half die Betäubung nichts. Ich schrie das erste Mal beim Zahnarzt. Das entzündete Gewebe musste nämlich entfernt werden und das tat echt weh. Donnerstag war also die Nachbehandlung. Eigentlich wollte meine neue super Zahnärztin (das meine ich nicht ironisch, sie ist wirklich super) die Behandlung abschließen, aber einer von drei Wurzelkanälen war noch extrem entzündet. Folge: Wieder säubern - und wieder schreien, weil die Betäubung erneut nicht half. Jetzt darf ich Mittwoch wieder hin, zur hoffentlich abschließenden Behandlung was den Zahn angeht. In zwei Wochen wollen wir dann die vorläufig letzte Füllung bearbeiten... Freude. Dann kam ich nach Hause und es war der schlimmste Tag für mich...

Ich habe ja bereits berichtet, dass Pepe einen Tumor auf seinem rechten Flügel hatte. Ich kam also nach Hause, setzte mich an meinen PC und Pepe saß auf dem Schrank. Er sah mich immer auffordernd an, er wollte unbedingt auf meine Schulter. Da er nicht mehr fliegen konnte, bin ich also zu ihm hin und mit der Schulter ganz nah an ihn ran, so dass er draufspringen konnte. Zu Fuß und im Klettern war er nämlich immer sehr gut. Ich bemerkte jetzt, dass er blutete. Sein Tumor. Ich beobachtete ihn und stellte fest, dass er sich häufig mit seinem Schnabel am Tumor kratzen oder waschen wollte, ich weiß es nicht. Jedenfalls schmiegte er sich dicht an meinen Hals und als Toni angeflogen kam (die gerne auf meiner Schulter sitzt), habe ich sie erstmal verjagt. Mache ich sonst nicht, aber Pepe war noch nie derjenige, der meine Nähe suchte. Menschen gegenüber war er sehr scheu. Aber Toni ließ nicht locker und flog ständig auf meine Schulter. Also hielt ich Pepe meine Hand hin, auf die er das erste Mal in zehn Jahren gelaufen ist und ich habe ihn auf meinen Schreibtisch gesetzt. Dort schmiegte er sich sofort an meinen Arm. Das Blut lief jetzt nicht sonderlich flüssig oder so, es war mehr so eine klebrige Feuchtigkeit gewesen, die ich am Arm sehr gut spürte. Ich habe es natürlich genossen, dass mein Pepe sich an mich anschmiegte. Ich dachte in dem Augenblick einfach nur, dass ihm kalt sei. Der Tierarzt hatte erzählt, dass ein Vogel seine Flügel immer zum wärmen braucht. Die durchschnittliche Temperatur eines Vogels liegt um die 41 Grad. Ich dachte sofort, dass der Tumor jetzt doch auf die Nerven drückt, er vielleicht kein Gefühl mehr im Flügel hat und sich wärmen wollte. Also dachte ich in René-Logik und habe ein kleines Wärmekissen vorbereitet. Mit einem kleinen flauschigen Handtuch umwickelt (damit es nicht zu heiß war) und es ihm hingelegt. Das wollte er nur nicht. Er wollte meinen Arm... Erst später habe ich begriffen wieso.

Eine Freundin von mir ist Tierarzthelferin, und als ich gesehen habe, dass sie bei Facebook online ist, habe ich gleich gefragt, was ich tun soll. Um die Uhrzeit haben Tierärzte schon geschlossen und ich kenne das ja von mir wenn ich blute: Kleine Wunden heilen schnell. Allerdings hat mir die Freundin versichert, dass Vögel nur wenig Blut haben und der Kreislauf sehr schnell zusammenbrechen kann. Aber da es nicht (mehr) so blutete, dass es überall hintropfte, ging sie auch erstmal davon aus, dass die Wunde sich geschlossen hat. Sie konnte natürlich keine Diagnosse stellen und ich gebe ihr in keinster Weise Schuld an irgendetwas. Sie war bei sich zu Hause und Ferndiagnosen sind immer gefährlich. Kurz vor 21 Uhr schließlich (da war ich knapp zwei Stunden zu Hause) hat sie gesagt, dass es besser sei, ich lasse Pepe in der Tierklinik untersuchen. Ich habe erst gezögert, weil die einzige Tierklinik in der Nähe bekannt dafür ist, dass sie gerne rumexperimentieren. Ich wollte Pepe aber nicht als Versuchsobjekt haben. Schließlich bin ich dann doch los.

Leider war die Ärztin etwas hilflos. Sie war keine Vogelexpertin und mehr als "Der ist aber schon recht groß der Tumor" brachte sie auch kaum heraus. Anfangs wehrte Pepe sich dagegen, dass die Tierarzthelferin ihn in ihre Hände nahm. Irgendwann gab er das wehren auf. Die Tierärztin sah nichts mehr bluten, reinigte alles und wollte ihm Medikamente geben. Die Tierarzthelferin ließ ihn los und er lag vollkommen apathisch auf dem Behandlungstisch. Die Tierärztin meinte nur "was denn jetzt mit dir los?" Ich bin Laie, also vermutete ich, dass der kleine Piepser einfach fertig durch die ganze Aufregung und so ist. Sie stimmte mir zu. Als sie ihm die Medikamente oral geben wollte, hat Pepe nichts geschluckt, er ließ es aus seinem Mund laufen. Und was macht die Ärztin und die Tierarzthelferin? Halten den Vogel senkrecht, damit die Medikamente geschluckt werden. Dass mein Kleiner zu diesem Zeitpunkt bereits am Sterben war, kam keiner von beiden in den Sinn. Die Ärztin riet mir dazu, am nächsten Tag zur Tierklinik Düppel zu fahren, weil die eine Vogelexpertin haben. Also fuhr ich wieder nach Hause - alles schön mit Taxi, wollte den Kleinen nicht noch mehr Leiden lassen.

Zu Hause entließ ich Pepe dann natürlich in den Käfig. Er wollte sich auch an den Käfigstangen festhalten, aber er hatte keine Kraft. Er fiel auf den Käfigboden. Zum Glück geht das nicht so tief runter. Da lag er nun. Anfangs dachte ich, er muss sich nur beruhigen. Ich war immernoch der Meinung, dass der Tierarztbesuch ihn einfach geschlaucht hatte (ist bei vielen Tieren ja so). Aber nach zwei drei Minuten, wo er sich immer noch nicht gefangen hatte, begann ich mir Sorgen zu machen. Er hat sich keinen cm bewegt. Ich habe dann das kleine weiche Handtuch von dem Wärmekissen genommen und auf den Käfigboden gelegt. Dann habe ich ihn auf diesem Handtuch gebettet - bzw. habe ihn bissl drauf geschoben. Ich wollte, dass er es weich hatte. Habe ihm ein Schüsselchen Wasser neben das Handtuch gestellt und auch Fressen. Da Nymphensittiche die hohe Körpertemperatur haben, müssen sie regelmäßig Essen und Trinken um bei Kräften zu bleiben. Ich dachte ja nach wie vor, dass er sich nur ausruhen muss und wenn er halt durst oder hunger bekam, sollte er alles bei sich haben. Ich habe ihn gestreichelt, er sollte spüren, dass ich da bin. Ich hoffe er hat es gespürt und ich hoffe auch, dass es ihm gefallen hat. Ich weiß ja, dass er es nicht mochte, wenn er gestreichelt wurde - weil er halt scheu war. Irgendwann bewegte er sich. Sein Schnabel hing an einer Stange vom Vogelkäfig und er versuchte draufzukommen. Seine Beinchen waren aber zu schwach. Also habe ich ihn auf meine Hand gesetzt und Richtung Sitzstange geführt. Ich dachte, dass er vielleicht sitzen wollte. Aber das wollte er nicht. Dann habe ich ihn wieder auf dem Handtuch abgesetzt. Er legte sich hin und drehte mir dadurch jetzt den Rücken zu. Ich weiß nicht, ob er mich nicht sehen wollte, weil ich ihn zum Tierarzt gebracht und dadurch ein wenig "gequält" habe (viele Tiere empfinden das ja als Qual), oder ob ihm das Handtuch am Tumor schmerzte, weil der Flügel mit dem Tumor gegen das Handtuch, was an der Vogelkäfigwand etwas hoch ging, drückte. Ich werde es nie erfahren.

Ich streichelte ihn weiter und innerlich machte es klick in mir. Ich ließ den gesamten Abend revue-passieren und begann mich zu hassen. Ich begann mich dafür zu hassen, dass ich ihn am Schreibtisch nicht einfach an meinem Arm kuscheln ließ, sondern das Wärmekissen für ihn bereitlegte. Er wollte meine Nähe und ich hasste mich dafür, dass ich ihn diese nicht so lange gegeben habe... Dabei meinte ich es nur gut mit ihm. Ich hasste mich dafür, dass ich einfach zu lange wartete, bis ich zur Tierklinik gefahren bin. Ich hasste mich in diesem Moment für sovieles. Plötzlich zuckte er auf, schüttelte ganz schnell sein Köpfchen hin und her und schlug dabei mit dem Schnabel leicht gegen die Vogelkäfigwand. Dann legte er sein Köpfchen nach rechts und atmete aus... Das war der Moment, wo er wohl ins "helle Licht" flog. Er hatte die Augen auf, er sah so friedlich aus... Das war aber auch der Moment, wo in mir alle Dämme brachen. Ich streichelte ihn, ich entschuldigte mich tausendmal bei ihm, sagte "es tut mir so leid" und habe ihm dutzende Male gesagt, dass ich ihn liebe. Dann hob ich ihn aus dem Käfig und legte ihn auf meiner Brust. Auch dafür hasste ich mich. Ich hätte ihn nach dem Besuch in der Tierklinik nicht in den Käfig legen sollen, sondern auf meiner Brust. Er hätte meinen Herzschlag und meine Körperwärme gespürt... Ich weiß nicht mehr wie lange ich seinen leblosen Körper auf meiner Brust hatte, irgendwann habe ich ihn wieder im Käfig auf das Handtuch gelegt. Sein Körper wurde relativ schnell steif und das versetzte mir noch viel mehr Stiche - und noch mehr Vorwürfe. Ich wollte, dass Toni die Möglichkeit hat, sich von ihm zu verabschieden. Immerhin lebten die zwei jetzt zehn Jahre zusammen. Auch wenn sie sich nur duldeten und nicht wirklich liebten bildete ich mir ein, dass sie sich vielleicht von ihm verabschieden will. Bei Katzen ist es beispielsweise so, dass man dem überlebenden Tier das tote Tier hinhalten, oder hinlegen soll. Katzen müssen sich von ihrem Artgenossen verabschieden können, damit sie innerlich abschließen können - habe ich mal gelesen. Und ich weiß halt nicht, ob es bei Vögel auch so ist.

Die Nacht hatte ich echt miserabel geschlafen. Also wenn ich mal geschlafen hatte. Ich war mehr wach. Hatte aber auch einmal einen Tiefschlafpunkt erreicht, denn ich habe geträumt. Von Pepe. Dass er mich nur verarscht hat und am nächsten Morgen auf der Stange im Käfig saß... War leider nicht so.
Ich bin dann Freitag morgen aufgestanden - habe ja eh nicht wirklich viel geschlafen. Habe den Katzen ihr Fresschen gemacht und bin auch zu den Piepsern gegangen. Pepe lag immernoch so, wie ich ihn gebettet hatte. Als ich ihn sah fing ich wieder das Weinen an. Ich konnte es einfach nicht zurückhalten - ich wollte es auch nicht. Pepe war ein Familienmitglied - zehn Jahre lang. Ich rief meine Eltern an, um zu fragen, wann der Tierarzt öffnet und dabei brach ich am Telefon zusammen. Meine Mama heulte auch direkt los, obwohl sie mich kaum verstanden hatte, aber der Name Pepe in Verbindung mit "Tierarzt abgeben" ließ sie eins und eins zusammenzählen. Sie sagte sofort, dass sie sich fertig machen und mich begleiten würde. Ich machte mich auch fertig und packte Pepe schließlich in eine Transportbox aus Pappe, die ich für den Umzug schon gekauft hatte - Vögel soll man ja im Dunkeln transportieren, damit sie dann ruhig bleiben. Ein letzter Kuss auf sein Köpfchen und dann schloss ich die Box.

Zum Tierarzt sind wir mit dem Taxi gefahren. Der Arzt ist mit den öffentlichen locker 40 Minuten entfernt und die wollte ich Pepe nicht in der Bahn transportieren. Am Vortag waren wir auch nicht mit der Bahn zur Klinik gefahren, auch nur mit Taxi. Ich wollte Pepe keine Fahrt im Kalten durchmachen lassen - auch wenn er es vielleicht nicht mehr spürte. Sein kleiner Körper war ohnehin schon kalt genug. Im Taxi war es schön warm. Der Tierarzt war echt super. Er sah die Box und ahnte direkt, was los war. Sein Assistent hatte zwar vor zwei Wochen die Diagnose und alles gestellt, aber er sah sich auch das Röntgenbild an und bestätigte den Tumor etc. Er sprach auch nicht lange über Pepe, sondern allgemein und fast nur mit meiner Mutter. Der Mann ist erfahren, er weiß, dass es schmerzhaft genug ist, das Tier abzugeben, damit er es zur Einäscherung geben kann. Er bestätigte mir allerdings, dass die Tierärztin aus der Klinik das sterbende Tier hätte erkennen müssen. Als wir dann nach zehn Minuten raus waren brach meine Mutter wieder in Tränen aus. Ich umarmte sie und weinte gleich mit. Wir fingen uns kurz darauf und sprachen über alles Mögliche. Natürlich war das Thema Pepe auch sehr oft dabei, aber ich vermied es oftmals schon mir zuliebe. Ich wollte nicht in der Öffentlichkeit mit dem Heulen anfangen. Den Tag verbrachte ich dann bei meinen Eltern - ließ mich ablenken und bin abends dann wieder nach Hause... Und wieder heulte ich. Ich kannte das bei mir nicht. Als meine Eltern den Kater Bambi einschläfern lassen mussten brachen meine Dämme nicht so extrem. Aber nachdem ich ja nun schon acht Jahre von meinen Eltern weg wohne, habe ich vielleicht auch den 100 prozentigen Bezug zum Kater verloren gehabt. Ich heulte zwar, es tat auch weh, aber ich heulte nicht soviel.

Heute ist nun Samstag... Ich merke, dass ich immer noch down bin, auch wenn ich nach außen hin den coolen mime. Aber die Bilder, wie er starb, gehen mir nicht aus dem Kopf. Beim Duschen dachte ich dran und die Tränen flossen. Meine Vorwürfe mir gegenüber hören einfach nicht auf. Hätte ich eher reagiert, könnte er noch leben. Allerdings hätte er dann vielleicht Schmerzen, also ist es dann doch besser, wenn er "von uns geflogen" ist? Ich mache mir Vorwürfe nach wie vor, dass ich ihm das Wärmekissen zubereitet hatte, als er sich an meinen Arm kuscheln wollte. Denn ich glaub jetzt zu wissen, warum er sich an mich kuschelte... Das war seine Art Abschied zu nehmen, er spürte, dass es zu Ende geht... er muss sich verstoßen vorgekommen sein und genau das wollte ich nicht, ich liebe meinen kleinen Pepe doch... Ich hoffe er weiß das.

Für viele mag das sicherlich komisch sein, dass ich bei einem Vogel so emotional sein kann. Aber ein Vogel ist ein Lebewesen - und er war ein Familienmitglied. Ich hatte mal eine Arbeitskollegin, die fand es schon merkwürdig, dass unsere Chefin in Tränen ausgebrochen war, als ihr Hamster gestorben war... Ich mag die Arbeiskollegin wirklich sehr, aber ich vermute mal, sie gehört zu den Menschen, für die nur Hunde oder Katzen ein Haustier darstellen...

Man sagt, dass ein Mensch beim Tot eines Tieres mehr leidet als bei einem Familienmitglied. Das will ich nicht unterschreiben, weil das letzte Familienmitglied, dem ich nahestand, was von uns ging, anfang der 90er verstarb und ich mich nicht mehr wirklich daran erinnern kann. Aber wenn ich bei Pepe schon so leide, dann muss ich wohl beim Tot eines Familienmitgliedes in die psychologische Behandlung um es zu verkraften. Wirklich gut drauf bin ich momentan nicht - mal sehen wie lange dieser Zustand anhält...

Und auch wenn ich in meinem Tagebuch nie irgendwelche Bilder poste, so finde ich es jetzt angemessen, von meinem Pepe eins zu posten...

RIP Pepe 2000 - 2010 - Ich werde Dich immer lieben...